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Format
Pressemitteilung
Date
29. März 2023

Ampelregierung vergibt einmal mehr Chance auf schnell wirksamen Klimaschutz im Verkehr

Statement von Agora Verkehrswende zu den Beschlüssen des Koalitionsausschusses

Berlin, 29. März 2023. Zum „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“, das die Parteien der Ampelkoalition am Dienstagabend vorgestellt haben, sagt Dr. Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin des Thinktanks Agora Verkehrswende:

„Diese Bundesregierung hat ihre großen Klimaschutzdebatten erst noch vor sich. Denn auch mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses für den Verkehrssektor werden die Klimaschutzziele bis 2030 deutlich verfehlt werden. Das Paket schwächt sogar die Sektorziele und nimmt damit Druck aus dem Verkehrssektor. Die anderen Sektoren werden in den kommenden Jahren nicht den Spielraum haben, um die Verfehlungen im Verkehr auszugleichen. Deshalb war, ist und bleibt oberste Priorität: Die Bundesregierung muss ihr versprochenes und nach Klimaschutzgesetz schon seit Monaten fälliges sektorübergreifendes Klimaschutzprogramm vorlegen. Statt vager Planungsbeschleunigung auf dem Papier braucht es endlich Höchstgeschwindigkeit bei der Umsetzung des Klimaschutzes im Verkehr.

Klimaschutz wird in den Beschlüssen der Koalitionsspitzen an vielen Stellen genannt, aber einige der angekündigten Maßnahmen lenken von den notwendigen Schwerpunkten ab. Das fällt vor allem bei zwei Themen auf: Autobahnen und E-Fuels. Hier sendet die Bundesregierung schädliche Signale für den Klimaschutz. Die Beschleunigung des Ausbaus von Autobahnen ist mit dem Vorrang für die klimafreundlichere Bahn nicht vereinbar. E-Fuels werden zwar im Luft- und Seeverkehr gebraucht, im Straßenverkehr aber werden sie zumindest bis zum Jahr 2030 keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das ist unter Fachleuten Konsens. Indem die Bundesregierung sich darüber hinwegsetzt, schürt sie die Erwartung, dass alles so weitergehen könne wie bisher. Mit solch falschen Versprechen wird Deutschland Klarheit und Orientierung in der Klimapolitik verlieren.

Mit Blick auf die Verkehrswende haben die Ergebnisse des Treffens vor allem zwei große blinde Flecken: Elektromobilität und öffentlicher Verkehr. Die Bundesregierung kündigt lediglich Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur an. Die Frage, wie allein damit der Bestand an vollelektrischen Pkw bis 2030 von heute einer Million auf 15 Millionen Fahrzeuge anwachsen soll, bleibt unbeantwortet. Nötig wäre eine umfassende Steuerreform mit dem Abbau von Subventionen und Privilegien für Verbrennerfahrzeuge und einer klaren Ausrichtung von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung am CO2-Ausstoß. Hinzu kommen Reformen von Entfernungspauschale und Energiesteuern und die Vorbereitung einer verursachergerechten Pkw-Maut. Der öffentliche Nahverkehr kommt in dem Papier nicht vor – abgesehen von einer vagen und schon mehrfach versprochenen ‚Ausbau- und Qualitätsoffensive‘. Wie die dafür erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel mobilisiert werden sollen, bleibt offen.

Das, was der Koalitionsausschuss der Ampel als Plus für den Klimaschutz im Verkehr auflistet, ist zum großen Teil längst vereinbart worden – vom Ausbau der Schiene, der Ladeinfrastruktur und der Radinfrastruktur bis zur Reform des Straßenverkehrsrechts. Wenn diese Punkte erneut Thema im Koalitionsausschuss gewesen sein sollten, dann wäre deren Preis vielfach überzeichnet. Aber es scheint tatsächlich so: Klare Beschlüsse aus dem Koalitionsvertrag – wie die umfassende Reform des Straßenverkehrsrechts – scheinen in ihrer Substanz wieder infrage gestellt zu werden, je länger sie auf ihre Umsetzung warten. Das ist besorgniserregend!

Eine der wenigen positiven Ausnahmen ist die Konkretisierung des Vorhabens, einen CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne bei der Lkw-Maut ab 2024 einzuführen. Mit den zusätzlichen Einnahmen können Investitionen in die Schiene getätigt werden und es gibt einen deutlichen Kostenanreiz, schnell auf E-Lkw umzusteigen. Wenn die Bundesregierung das Klimaziel im Verkehr 2030 einhalten will, wird sie dieses Ambitionsniveau zum Standard machen müssen. Nach den aktuellen Beschlüssen zu urteilen, ist sie davon noch weit entfernt.“

Empfehlungen von Agora Verkehrswende für eine Klimapolitik im Verkehr mit Kurs auf Klimaneutralität, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit stehen online zur Verfügung unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/vom-rasenden-stillstand-zum-versprochenen-fortschritt/

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