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Format
Leitfaden
Date
9. Juni 2020

Liefern ohne Lasten

Wie Kommunen und Logistikwirtschaft den städtischen Güterverkehr zukunftsfähig gestalten können

Einleitung

Der städtische Güterverkehr wird in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach weiter zunehmen. Er wird, um seine Funktion erfüllen zu können, daher auch mehr Platz im Straßenraum einnehmen müssen. Dies darf jedoch nicht zulasten von Fuß- und Radverkehr, Verkehrssicherheit oder Aufenthaltsqualität gehen. In erster Linie sind es deswegen Parkstände, die zu Ladezonen umgewandelt werden sollten.

Mit Blick auf die Verkehrswende ist jedoch eine Flächenumverteilung zugunsten des städtischen Güterverkehrs nicht ausreichend, um die Stadtlogistik zukunftsfest zu machen. Klimaneutralität, saubere Luft, Verkehrssicherheit – diese Ziele sind nur erreichbar, wenn Kommunen wieder damit beginnen, den städtischen Güterverkehr aktiv zu gestalten und zu steuern.

Deutschlandweit gibt es immer mehr Pilotvorhaben und auch Fördermittel, die neue Impulse in die Stadtlogistik bringen. Mit unserem Leitfaden zeigen wir, welche nächsten Schritte die Kommunen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stadtlogistik nun gehen können. Dass an manchen Stellen Bund und Länder die Rahmenbedingungen noch verbessern müssen, ist unbestritten – dennoch haben die Kommunen schon heute zahlreiche Möglichkeiten, um ihren Gestaltungsauftrag wahrzunehmen.

Kernergebnisse

  1. Städtischer Güterverkehr braucht kommunale Steuerung: Nur so kann die Verkehrswende ­gelingen – und die Logistikbranche weiter wachsen.

    Da auf städtischen Straßen privater Autoverkehr überwiegt, ist der urbane Güterverkehr in vielen Kommunen aus dem Blick geraten. Doch die heute eingesetzten Lieferfahrzeuge tragen überproportional zu Lärmbelastung, Feinstaub, Stick­oxiden und Treibhausgasen bei. Auch an tödlichen Verkehrsunfällen sind sie viel zu oft beteiligt.* Weiteres Fahrleistungswachstum der Logistikbranche ist absehbar, was das Verkehrssystem belastet und Flächenkonflikte verschärft. Daher wird das aktive Steuern der urbanen Logistik wieder zu einer zentralen kommunalen Aufgabe.

  2. Die urbane Logistik bedarf einer Neuausrichtung mit eigenen Konzepten und Ressourcen: Das gelingt im Zusammenspiel von Kommune und Logistikwirtschaft.

    Der städtische Güterverkehr unterliegt anderen Anforderungen als der Personen­verkehr: Paketdienste, Speditionen, Gastronomie, Handwerk sowie Bau- und Abfallwirtschaft haben jeweils eigene Abläufe und Handlungsoptionen. Um im Dialog wirkungsvolle Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, müssen Kommunen über aussagefähige Daten, Kenntnisse und Zuständigkeiten verfügen. In Städten über 200.000 Einwohner ist für diese Aufgaben mindestens eine Vollzeitstelle nötig.

  3. Städtischer Güterverkehr benötigt zentral gelegene Flächen: Ladezonen und Umschlagpunkte erlauben störungsfreies Be- und Entladen.

    Für die effiziente Ver- und Entsorgung sollten Kommunen Ladezonen einrichten und sie von falsch geparkten Fahrzeugen freihalten. Regelwidriges Be- und Entladen in zweiter Reihe ist im Gegenzug konsequent mit einem Bußgeld von mindestens 55 Euro zu ahnden. Städte und Gemeinden sollten darüber hinaus für Umschlagpunkte sorgen – vom Mikrodepot über Cityterminals bis hin zum regionalen Verteilzentrum.

  4. Klimaschutz und Luftreinhaltung sollten zusammengehen: Unternehmen brauchen klare Zeitpläne für den Umstieg auf lokal emissionsfreie Fahrzeuge.

    Treibhausgase und Luftschadstoffe zu reduzieren gelingt, wenn Umweltzonen zu Nullemissionszonen weiterentwickelt werden. Ein gemeinsam mit der Logistikwirtschaft erarbeiteter Fahrplan macht die Umstellung von Unternehmensflotten planbar und unterstützt Innovationen. Die Verfügbarkeit von leichten elektrischen Lieferwagen und Lastenrädern wächst rasch. Aktive Steuerung wirkt wirtschaftlichen Unsicherheiten entgegen.

  5. Bündelung macht die Nutzung der Straßeninfrastruktur effizienter und spart Lieferverkehr ein: Preisinstrumente als wirkungsvoller Anreiz.

    Eine Bepreisung der knappen Infrastruktur in den Kernstädten reduziert Autoverkehr und ermöglicht den effizienteren Einsatz von Lieferfahrzeugen. Zudem werden Anreize für die Bündelung von Fahrten und den Umstieg auf Lastenräder geschaffen, indem Dienstleistern dadurch Kostenvorteile entstehen. Lieferverkehr wird auch eingespart, wenn Kommunen ihre eigenen Bestellungen auf der letzten Meile bündeln lassen.

  6. Kommunen haben Gestaltungsspielraum. Die Europäische Union, der Bund und die Länder können diesen verbessern.

    In der StVO sollte ein eigenes Verkehrszeichen für dem gewerblichen Lieferverkehr vorbehaltene Ladezonen eingeführt werden. Die Verkehrssicherheit muss durch eine weitgehende Nachrüstung schwerer Lkw mit Abbiegeassistenten erhöht werden. Vereinfachungen braucht es für die Einführung von Nullemissionszonen, unter anderem für ihre praktische Über­wachung. Die Lkw-Maut sollte zu einem Instrument mit verkehrlicher und ökologischer Lenkungswirkung in den Städten entwickelt werden.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Prof. Dr.-Ing. Bert Leerkamp, Andre Thiemermann, Marian Schlott, Tim Holthaus; Wolfgang Aichinger, Agora Verkehrswende; Prof. Dr. Paul Wittenbrink, HWH Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung
Publikationsnummer
41-2020-DE
Versionsnummer
1.1
Veröffentlichungsdatum

9. Juni 2020

Seitenzahl
134
Zitiervorschlag
Agora Verkehrswende (2020): Liefern ohne Lasten: Wie Kommunen und Logistikwirtschaft den städtischen Güterverkehr zukunftsfähig gestalten können
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Chancen und Herausforderungen des städtischen Güterverkehrs.

Grafiken aus dieser Publikation

Projektleitung

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