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Format
Studie
Date
13. September 2021

Autojobs unter Strom

Wie Elektrifizierung und weitere Trends die automobile Arbeitswelt bis 2030 verändern werden und was das für die Politik bedeutet

Einleitung

Wie sich die klimapolitische Transformation auf die Beschäftigung in der automobilen Arbeitswelt auswirkt, dazu liegen bereits einige Untersuchungen vor. Ihr Fokus ist allerdings recht eng, betrachtet werden meist nur die Beschäftigungswirkungen der Elektromobilität. Tatsächlich wird die Transformation aber von mehreren Faktoren getrieben. Dazu gehören die Digitalisierung und die Automatisierung von Produktionsprozessen, die wachsende Bedeutung von Mobilitätsdienstleistungen, die zunehmende Vernetzung von Fahrzeugen und die Automatisierung des Fahrens. Mit unserer Studie versuchen wir, den Blick zu weiten und die Frage zu beantworten, wie die Transformation die Beschäftigung sowohl in der Automobilindustrie als auch in den angrenzenden Branchen tangiert.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Zahl der Arbeitsplätze bleibt per Saldo stabil. Doch die Folgen können für jeden und jede Einzelne sehr unterschiedlich sein. Denn schließlich, nomen est omen, verändert die Transformation vieles – und was vorher zusammengepasst hat, passt vielleicht nachher nicht mehr: Qualifikation und neue Qualifikationsanforderungen zum Beispiel. Oder Arbeitsplätze, die zwar neu entstehen, aber eben nicht zwangsläufig da, wo die alten verschwinden – und wo die Arbeitnehmenden mit ihren Familien verwurzelt sind.

Das alles darf nicht unter den Tisch gekehrt werden: Die Transformation wird zu Friktionen führen, gefordert sind deshalb die Industrie- und die Arbeitsmarkt­politik. Dafür haben wir Vorschläge entwickelt, die wir mit ­dieser Studie zur Diskussion stellen.

Kernergebnisse

  1. Elektromobilität ist nur einer von mehreren Treibern der Transformation der automobilen Arbeitswelt.

    Autonomes und vernetztes Fahren, die wachsende Bedeutung von Mobilitätsdienstleistungen, steigende Klimaschutzanforderungen sowie die weiterhin zunehmende Produktivitätssteigerung durch Entwicklungen im Rahmen der Industrie 4.0 verändern bereits heute die Fahrzeug­herstellung und Beschäftigung in der Automobilwirtschaft und werden dies in Zukunft noch gravierender tun.

  2. Die Transformation wird nur geringe Auswirkungen auf die Zahl an Arbeitsplätzen in der automobilen Arbeitswelt haben.

    Tendenziell ist sogar eher von einem leichten Jobwachstum auszugehen, womöglich entstehen circa 25.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Hinter diesem Saldo verbergen sich jedoch große Umbrüche. Vor allem in der klassischen Automobilindustrie wird es zu einem starken Beschäftigungsabbau kommen (-180.000 Jobs). Antriebsstrang­unabhängige Zulieferunternehmen profitieren insbesondere durch die Batterieproduktion (+95.000 Jobs). Zusätzlich sorgt vor allem der wachsende Bedarf an Ladeinfrastruktur für einen weiteren Aufbau von Arbeitsplätzen (+70.000 Jobs).

  3. Die Art der Beschäftigung in der automobilen Arbeitswelt ändert sich grundlegend, es besteht ein enormer Weiterbildungsbedarf und die Nachfrage nach Fachkräften wächst.

    Durch die Transformation sind rund 260.000 neue Arbeitsstellen zu besetzen, vor allem in neuen Industriezweigen wie der Batterieherstellung, der Softwareentwicklung oder beim Betrieb der Ladeinfrastruktur. Zusammen mit dem durch Verrentung und Fluktuation entstehenden Personalbedarf führt das zu mehr als 800.000 neu zu besetzenden Stellen bis 2030; das sind fast 50 Prozent mehr als in den vergangenen zehn Jahren. Gleichzeitig verändern sich viele Tätigkeiten oder Stellen fallen komplett weg: Knapp 760.000 Arbeitnehmer:innen müssen umlernen, für gut ein Drittel von ihnen ist der Umschulungs- und Qualifikationsbedarf hoch.

  4. Die Bundesländer im Osten Deutschlands profitieren am stärksten von der ­Transformation.

    Während das Beschäftigungsniveau in der automobilen Arbeitswelt in den meisten Teilen Deutschlands auf einem ähnlichen Niveau wie 2019 bleibt, ist in Ostdeutschland mit einem Zuwachs an Jobs von 9 Prozent (+16.000 Jobs) zu rechnen. Das liegt insbesondere an den geplanten und bereits in Bau befindlichen Fabriken für die Batteriezellfertigung.

  5. Die Politik ist gefordert, damit die Automobilwirtschaft gestärkt aus der Transformation hervorgeht und ein sozialverträglicher Wandel gelingt.

    Um Arbeitsplätze zu sichern und den Wandel in betroffenen Regionen zu bewältigen, müssen Unternehmen bei der Transformation unterstützt werden; wichtig ist darüber hinaus, dass auch Unternehmen der neuen Wertschöpfungsketten in Deutschland angesiedelt werden. Voraussetzung dafür ist unter anderem der Zugang zu Risikokapital und zu Fachkräften. Zudem müssen Unternehmen und Staat für die Qualifizierung jener Beschäftigten sorgen, deren Tätigkeitsprofile sich verändern oder durch den Wandel nicht mehr nachgefragt werden. Unabdingbar ist die strate­gische Begleitung der Transformation sowohl auf Länder- als auch Bundesebene.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Christian Hochfeld und Fanny Tausendteufel (Agora Verkehrswende); Dr. Kristian Kuhlmann und Dr. Marc Schmidt (Boston Consulting Group)
Publikationsnummer
64-2021-DE
Versionsnummer
2.0
Veröffentlichungsdatum

13. September 2021

Seitenzahl
24
Zitiervorschlag
Agora Verkehrswende (2021): Autojobs unter Strom. Wie Elektrifizierung und weitere Trends die automobile Arbeitswelt bis 2030 verändern werden und was das für die Politik bedeutet.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Arbeitsplatzeffekte der Elektromobilität.

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  • pdf 970 KB Autojobs unter Strom
    Wie Elektrifizierung und weitere Trends die automobile Arbeitswelt bis 2030 verändern werden und was das für die Politik bedeutet

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