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Format
Diskussionspapier
Date
3. März 2025

Bezahlbare Elektroautos in die Breite bringen

Optionen für ein industrie-, klima- und sozialpolitisch ausgewogenes Förderprogramm für den Privatwagenmarkt in Deutschland

Einleitung

Dieses Diskussionspapier analysiert die politischen Optionen zur Förderung von Elektroautos für den privaten Gebrauch in Deutschland. Es gibt eine Übersicht über den Fahrzeugmarkt, erklärt mögliche Förderansätze – Kaufprämien, Leasing, Kredite – und es geht darauf ein, wie dabei nach Einkommen differenziert werden kann. Damit konzentriert sich das Papier auf einen Teilaspekt beim Hochlauf der Elektromobilität. Weitere wichtige Aspekte sind Dienstwagen und Unternehmensflotten, Energie- und Ladepreise, Ladeinfrastruktur oder Steuervorteile.

Eine neue Bundesregierung hat die Aufgabe, rasch eine Gesamtstrategie für die Förderung der Elektromobilität zu entwickeln und umzusetzen. Dabei wird sie auch ein industrie-, klima- und sozialpolitisch ausgewogenes Modell zur Förderung von Privatpersonen beim Kauf von Elektroautos entwickeln müssen.

Mit unserem Papier möchten wir die politische Diskussion und den Entscheidungsprozess unterstützen. Wir zeigen auf, welche Möglichkeiten es gibt und welche Vor- und Nachteile sie haben. Eine übergreifende Stoßrichtung scheint uns aber vorteilhaft zu sein: erst günstigere Elektrofahrzeuge in die Breite bringen und in die einkommensgestaffelte Förderung einsteigen; dann in einem zweiten Schritt auf eine bedarfsorientierte Förderung umstellen und stärker auf die Gruppen konzentrieren, die trotz des breiten Angebots an günstigeren Fahrzeugen noch immer keine für sie bezahlbare Alternative zum Verbrennerfahrzeug haben. 

Leitgedanken für bezahlbare ­Elektromobilität

Damit der schnelle Hochlauf der Elektromobilität gelingt, reichen vereinzelte Instrumente nicht aus, es wird vielmehr ein in sich schlüssiges Gesamtpaket benötigt. Neben dem Fahrzeugpreis spielen die Ladepreise die größte Rolle für die Gesamtkosten des Pkw. Zusätzlich zu ökonomischen Erwägungen ist auch der Komfort zentral für die Kaufentscheidung. Hier spielen die Verfügbarkeit und Ausstattung von Fahrzeugmodellen sowie die Reichweite beziehungsweise eine ausreichende Abdeckung mit Ladeinfrastruktur und die Einfachheit des Handlings (beispielsweise in der Zahlungsabwicklung) eine zentrale Rolle.

Die Förderung von vollelektrisch betriebenen Fahrzeugen kann ein adäquates Mittel sein, um aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Die schleppende Elektrifizierung im Straßenverkehr lässt die Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor in weite Ferne rücken und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie. Zusätzlich werden steigende CO2-Preise immer mehr Haushalte vor Herausforderungen stellen, insbesondere dort, wo Ausweichmöglichkeiten auf öffentliche Verkehrsmittel, das Rad oder den Fußverkehr fehlen. Die Förderung von vollelektrisch betriebenen Fahrzeugen kann diesen Herausforderungen begegnen, wenn sie entsprechend ausgestaltet ist.

Um bezahlbare Elektromobilität zu ermöglichen, sollte ein zentrales Element eines solchen Gesamtpaketes eine einkommensabhängige Förderung beim Fahrzeugerwerb sein. Der Schritt zur Berücksichtigung des Einkommens stellt einen Paradigmenwechsel in der Förderung von Elektrofahrzeugen dar. In der Ausgestaltung muss dabei eine Abwägung zwischen der Zielgenauigkeit der Förderung, der administrativen Praktikabilität und den Realitäten auf dem deutschen Fahrzeugmarkt, insbesondere der Verfügbarkeit von günstigen Fahrzeugmodellen, stattfinden.

Verschiedene Varianten von einkommensbezogener Förderung haben potenziell unterschiedliche Auswirkungen im Hinblick auf soziale, klimapolitische und industriepolitische Zielstellungen, die sorgsam abgewogen werden müssen. Die Effekte können qualitativ beschrieben werden (siehe Tabelle 7). Weitere qualitative und quantitative Analysen zum Umfang zu erwartender Effekte und zur Wahrscheinlichkeit, dass Effekte eintreten, sind notwendig und sollten im politischen Aushandlungsprozess berücksichtigt werden. Dies gilt auch für weitere mögliche Kriterien zur Eingrenzung der Förderung, wie beispielsweise, ob nur Personen mit Pkw von der Förderung profitieren sollen oder ob Pendeldistanz oder ÖV-Verfügbarkeit sinnvolle zusätzliche Kriterien im Sinne der gesetzten Ziele sind.

Es stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung: direkte Kaufzuschüsse („Kaufprämien“), unterschiedliche Modelle der Förderung von Leasing, Förderung von Fahrzeugkrediten. Jedes dieser Instrumente hat Stärken und Schwächen und erreicht unterschiedliche Zielgruppen. Um viele Bevölkerungsgruppen durch eine Förderung beim Fahrzeugkauf zu erreichen, ist es notwendig, ein Portfolio an Instrumenten zu implementieren, die nach den gleichen Förderprinzipien funktionieren.

Es ist sinnvoll, eine Förderung von Beginn an in Stufen zu planen, da sich der Fahrzeugmarkt dynamisch entwickelt und die Belastung durch hohe Kraftstoffpreise für Haushalte steigt. In der ersten Stufe wird breiter gefördert, um den Markt an vergleichsweise günstigen Fahrzeugen zu unterstützen und damit gleichzeitig neue Nutzergruppen zu erschließen. In der zweiten Stufe werden solche Gruppen gezielter adressiert, die besondere Mobilitätsanforderungen haben und dadurch besonders von hohen CO2-Preisen betroffen sind.

Die Fördergrenze für den Neuwagenpreis muss einerseits so festgelegt werden, dass auch untere und mittlere Einkommensgruppen erreicht werden, andererseits hoch genug sein, um sicherzustellen, dass ausreichend Fahrzeuge im Markt sind, die auch für Familien alltagstauglich sind. Die Förderung sollte sowohl junge Gebrauchte (bis ein Jahr) als auch ältere Gebrauchtwagen umfassen. Eine Staffelung der Förderung nach Preis und Fahrzeugalter ist sinnvoll.

Eine einkommensbezogene Förderung ist einfach umsetzbar, auch wenn die derzeitige Verwaltungsstruktur und Datenlage in Deutschland Herausforderungen und Limitationen mit sich bringen. Als Nachweis kommen aktuell sowohl der Arbeitsvertrag als auch der Einkommensteuerbescheid infrage. Ersteres ist unbürokratischer umzusetzen, würde die Förderung aber auf Arbeitnehmer:innen beschränken. Im Hinblick auf die Anforderungen der Verwendung der Gelder aus dem EU-ETS 2 und des Klima-Sozialfonds sollte möglichst bald mit dem Aufbau einer administrativen Infrastruktur für eine sozial gestaffelte Förderung gestartet werden, um Erfahrungen damit zu sammeln. Zentral ist, dass der Förderantrag vor dem Fahrzeugerwerb geprüft wird, um zu vermeiden, dass Haushalte in Vorleistung treten müssen und ein Risiko besteht, dass die Förderung nicht genehmigt wird und damit die Finanzierung insgesamt infrage steht.

Im nächsten Schritt gilt es, die konkreten Kriterien sowie deren Schwellenwerte für die Förderung sowie praktikable Antragsprozesse zu definieren. Dafür sind weitere Analysen und eine sorgfältige Abwägung von Effekten notwendig. Diese werden idealerweise auf wissenschaftlicher Basis in einem Prozess erarbeitet, der einen breiten Konsens verschiedener Akteure sicherstellt. 

Stufenmodell zur gezielten Förderung

Ohne einen schnellen Hochlauf von E-Pkw wird es immer unwahrscheinlicher, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2030 noch erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie erhalten werden kann. Es braucht daher eine deutliche Dynamisierung beim Hochlauf der Elektromobilität. Entsprechend ist ein Gesamtpaket an Maßnahmen notwendig, das E-Pkw mittelfristig zur bevorzugten Kaufoption macht. Insbesondere aufgrund der immer noch hohen Preisdifferenzen zwischen vergleichbaren elektrischen und Verbrenner-Modellen besteht im Rahmen eines umfassenden Maßnahmenbündels weiterhin Förderbedarf beim Kauf.

Wie bereits ausgeführt, ist eine zentrale Voraussetzung für bezahlbare Elektromobilität die Verfügbarkeit von bezahlbaren Fahrzeugen. Nur so können E-Pkw für viele Bevölkerungsschichten zugänglich werden. Derzeit sind wenige günstige Modelle und günstige Gebrauchtwagen im Markt. In einer ersten Stufe erscheint daher eine Förderung notwendig, die sich zunächst auf den Markthochlauf von vergleichsweise günstigen Fahrzeugen konzentriert (siehe Abbildung 7).

Zeitgleich ist ein Fokus auf Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen sinnvoll, um auch denjenigen Zugang zu klimafreundlichen Pkw zu ermöglichen, die sich die Investitionen ansonsten nicht leisten können. Diese Gruppe hat in der Vergangenheit nur wenig von Förderungen profitiert und wäre stärker von steigenden Kraftstoffpreisen durch den steigenden CO2-Preis betroffen.

Es wird davon ausgegangen, dass ab 2027, wenn der EU-weite Emissionshandel im Verkehrssektor startet, der CO2-Preis weiter steigen wird und damit auch die Auswirkungen auf besonders Betroffene weiter steigen. In einem zweiten Schritt sollten daher diese Gruppen noch gezielter gefördert werden. Möglich ist das durch eine Ausweitung der Kriterien, beispielsweise bezüglich der Verfügbarkeit von öffentlichem Verkehr oder für bestimmte Berufsgruppen. Die Zeit bis dahin kann genutzt werden, um die Einführung solcher Kriterien vorzubereiten und entsprechende Indikatoren und Schwellenwerte zu definieren. Es kann auch über eine weitere Differenzierung der Fördersummen nach Betroffenheit nachgedacht werden, sodass auch nicht stark Betroffene weiter von einer dann reduzierten Förderung profitieren können.

Als Vorbereitung auf die zweite Stufe könnte im Rahmen des Klima-Sozialfonds, der im Jahr 2026 startet, ein Pilotprojekt gefördert werden, das verschiedene Kriterien, wie die Verfügbarkeit von öffentlichem Verkehr oder Schichtarbeit, testet. Dadurch könnten Erfahrungen sowohl zur Zielgenauigkeit als auch zur Umsetzung verschiedener Kriterien und den notwendigen administrativen Strukturen gesammelt werden. Ein regionales Pilotprojekt kann analysieren, ob vulnerable Gruppen erfolgreich von dem Programm profitieren und welche Hürden noch bestehen. Die gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse können für eine Ausweitung der Förderung auf ganz Deutschland im Jahr 2027 mit dem Start des EU-ETS 2 genutzt werden.

Generell ist es sinnvoll, die Fördersummen über die Zeit zu reduzieren. Mit zunehmendem Hochlauf der Elektromobilität werden E-Pkw günstiger und die Preisdifferenz zum Verbrenner sinkt.

Stufe 1: Förderung des Markthochlaufs von günstigen E-Pkw für den Massenmarkt

Das Ziel der ersten Förderstufe ist es, mehr vergleichsweise günstige Pkw in den Markt zu bringen und damit perspektivisch auch günstigere Gebrauchtwagen zu ermöglichen. Um dies zu erreichen ist es zielführend, ausreichend Mittel zur Förderung bereitzustellen, sodass eine signifikante Menge an Pkw gefördert werden kann. Die Finanzierung hierfür kann aus den Einnahmen des CO2-Preises, der Reduktion von Subventionen für fossile Alternativen oder über ein Sondervermögen zur Transformation der Automobilwirtschaft erfolgen. Automobilhersteller profitieren vom Verkauf von zusätzlichen E-Pkw, da diese zur Erreichung der Flottengrenzwerte beitragen und bei einem Flottenanteil über 25 Prozent den herstellerspezifischen Flottengrenzwert erhöhen.[1] Hersteller sollten daher, wie bereits beim Umweltbonus, ihren Teil zur Finanzierung beitragen.

Ziel in der ersten Stufe ist es, vorrangig Personen mit mittleren Einkommen zu erreichen, die sich heute noch kein Elektrofahrzeug leisten können, außer es wird als Dienst- oder Firmenwagen zur Verfügung gestellt. Aufgrund der noch sehr hohen Fahrzeugpreise und der geringen Verfügbarkeit von günstigen Neuwagen und Gebrauchten ist der Kauf eines E-Pkw im ersten Schritt wahrscheinlich noch keine Option für Haushalte mit sehr niedrigem Einkommen. Die Förderung könnte ab 2026 über zusätzliche Mittel aus dem Klima-Sozialfonds so aufgestockt werden, dass ein E-Pkw auch für diese Haushalte finanzierbar wird. Mittelfristig profitieren sie von den dann in den Gebrauchtmarkt kommenden Fahrzeugen und dem allgemeinen Markthochlauf für günstigere Fahrzeuge.

Bestehende Herausforderungen zur einkommensbezogenen Förderung sind auch kurzfristig lösbar, auch wenn es im ersten Schritt noch keine ideale Lösung gibt (siehe Kapitel 4.1). Die Vorteile, bereits von Anfang an zielgenau fördern zu können, überwiegen die methodischen und praktischen Hürden sowie den zusätzlichen administrativen Aufwand zur Prüfung, solange der Prozess einfach genug gestaltet wird.

Die Erfahrungen, die bei der kurzfristigen Einführung einer praktikablen Lösung zur einkommensbezogenen Förderung gemacht werden, können dann genutzt werden, um die Methodik zu verbessern und angemessene administrative Systeme aufzubauen. Diese können auch in anderen Sektoren genutzt werden.

Um die richtigen Anreize zu setzen, ist für die Förderung eine Beschränkung des Fahrzeugneupreises nach oben unersetzlich. Wie im Umweltbonus bereits angedacht, kann eine schrittweise Absenkung des Neuwagenpreises für förderfähige Pkw klare Signale an den Markt senden.

Zur Festlegung sinnvoller Schwellenwerte für Fahrzeugpreise und Einkommen sind weitere Analysen und eine sorgfältige Abwägung von Effekten notwendig. Diese werden idealerweise auf wissenschaftlicher Basis in einem Prozess erarbeitet, der einen breiten Konsens verschiedener Akteure sicherstellt. Dabei sollten auch Empfehlungen bezüglich der in Kapitel 4.1 dargestellten Herausforderungen in Bezug auf einkommensbezogene Förderung erarbeitet werden.

Stufe 2: Bedarfsorientierte Förderung zur gezielten Entlastung besonders Betroffener 

In der zweiten Stufe könnte die Förderung dann stärker auf von steigenden Kraftstoffpreisen stark betroffene Personengruppen fokussieren. So würden Ausweichmöglichkeiten für diejenigen geschaffen, bei denen der Ausbau eines adäquaten ÖV-Angebots nicht kurzfristig möglich ist und die auch in den nächsten Jahren auf den eigenen Pkw angewiesen sein werden. Die in der ersten Stufe angewendeten Förderkriterien könnten bestehen bleiben und gegebenenfalls angepasst und um weitere Kriterien ergänzt werden, die die Betroffenheit kennzeichnen. Zusätzlich sollte über die Einführung von Kriterien zur Energieeffizienz von Fahrzeugen nachgedacht werden.

Ab 2027 stehen zur Finanzierung von Kaufanreizen die Einnahmen aus dem EU-ETS 2 zur Verfügung, die zweckgebunden in Maßnahmen zur Förderung der Transformation im Verkehrs- und Gebäudesektor fließen müssen. Die Höhe dieser Einnahmen ist jedoch ungewiss, da sie nicht nur von der Ausgestaltung des Emissionshandelssystems, sondern auch dem Verhalten der einzelnen Marktakteure abhängen. Hier kann es sinnvoll sein, über nationale Maßnahmen nachzudenken, die einen Mindestpreis und damit vorhersehbare Mindesteinnahmen sicherstellen.

Bei der Bedarfsorientierung spielt vor allem die Verfügbarkeit des öffentlichen Verkehrs eine zentrale Rolle. Dies betrifft diejenigen, die keine alltagstaugliche und bezahlbare Alternative zum Pkw haben. Hier geht es vor allem um ländliche Räume, in denen die Versorgung mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen häufig lange Wege bedingt, bei gleichzeitig unzureichendem ÖV-Angebot. Ein weiterer besonders betroffener Personenkreis sind Personen mit speziellen Mobilitätsanforderungen. Beide Kriterien können kombiniert angewendet werden und sind nicht alternativ zu verstehen.


[1] European Union (2024)

Bibliographische Daten

Autor:innen
Marion Vieweg (Agora Verkehrswende), Marie-Louise Zeller und Felicitas Kaiser (Zukunft KlimaSozial)
Publikationsnummer
122-2025-DE
Versionsnummer
1.0
Veröffentlichungsdatum

3. März 2025

Zitiervorschlag
Agora Verkehrswende und Zukunft KlimaSozial (2025): Bezahlbare Elektroautos in die Breite bringen. Optionen für ein industrie-, klima- und sozialpolitisch ausgewogenes Förderprogramm für den Privatwagenmarkt in Deutschland.

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