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Politische Grundsatzbeschlüsse und Finanzierung
Die kommunale Verwaltung nutzt bewährte Strategien, um Prozesse wie die Parkraumbewirtschaftung effektiv und zügig umzusetzen. Sie braucht dafür gerade bei umstrittenen Projekten ein eindeutiges politisches Votum und damit politische Rückendeckung sowie eine solide finanzielle Ausstattung. Wie das erfolgreich gelingt, zeigen die folgenden Ausführungen.
Von Wolfgang Aichinger (Agora Verkehrswende) und Dipl.-Geogr. Uta Bauer (Difu)
Die Einführung von Parkraumbewirtschaftung basiert auf dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und auf straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Für die rechtssichere Einführung einer neuen Parkraumbewirtschaftungszone ist nicht entscheidend, ob sich die Kommunalpolitik oder die Mehrheit der Anwohnenden für die Einführung von Parkraumbewirtschaftung ausspricht, sondern ob die Einführung straßenverkehrsrechtlich korrekt begründet ist. Voraussetzung hierfür sind Kriterien der Sicherheit und der Ordnung des Verkehrs sowie beim Bewohnerparken der Nachweis des Parkdrucks. De facto sind solche Entscheidungen sehr umstritten, sodass die Verwaltung sich politische Rückendeckung in Form von kommunalpolitischen Beschlüssen holt.
In großen Städten – beispielsweise in München – sind mehrere Informations- und Beschlussschleifen über das Stadtparlament und die jeweiligen Bezirksgremien üblich (siehe Abbildung 1). Zuerst schlägt die Verwaltung dem Stadtrat potenzielle Bewirtschaftungsgebiete vor. Stimmt das Parlament zu, erfolgt anschließend die Beauftragung eines externen Gutachtens, welches den Parkdruck nachweist. Im Regelfall erarbeitet die Verwaltung das konkrete Parkraumbewirtschaftungskonzept für die jeweilige Zone. Das Konzept wird mit dem Stadtparlament und den Bezirksgremien rückgekoppelt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist in München bereits ein Jahr vergangen. Die letzte Freigabe gibt der Stadtrat, wenn Gelder für Beschaffungen und Überwachungspersonal erforderlich werden. Diese vielen Abstimmungen kosten nicht nur Zeit, sondern bergen auch die Gefahr, die Maßnahme immer wieder neu begründen zu müssen und von wechselnden politischen Mehrheiten abhängig zu werden. Im Schnitt dauert der Prozess zur Einführung einer neuen Parkzone in München etwas mehr als zwei Jahre (siehe auch Abbildung 2).
Abbildung 1
Abbildung 2
Grundsatzbeschlüsse vermeiden wiederkehrende Abstimmungen
Andere Kommunen fassen Grundsatzbeschlüsse für die Einführung der Parkraumbewirtschaftung in größeren, zusammenhängenden Stadtgebieten:
- Die Hansestadt Hamburg hat im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Juni 2020) festgehalten, die Parkraumbewirtschaftung und das Bewohnerparken in dicht besiedelten, urbanen Quartieren systematisch und möglichst flächendeckend weiter auszubauen.[1] Zudem ist in der Hamburger Verfassung (Artikel 4) geregelt, dass staatliche (Bundesland) und kommunale Aufgaben nicht getrennt werden. Die Landesbehörden können deshalb für das gesamte Stadtgebiet handeln. Die Bezirke werden informiert, sind aber – anders als in Berlin – für die Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung nicht zuständig. Seitdem wurden in drei Jahren 45 neue Parkraumbewirtschaftungszonen eingeführt, in den fünf Jahren davor waren es lediglich 15 (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4).
Abbildung 3
Abbildung 4
- Berlin und Frankfurt am Main haben 2019 die drohenden Diesel-Fahrverbote abgewendet, indem unter anderem Grundsatzbeschlüsse im Luftreinehalteplan zur flächendeckenden Einführung der Parkraumbewirtschaftung gefasst wurden. Nun geht es zügiger voran (siehe Abbildung 5). Der Berliner Bezirk Mitte hat im Zeitraum von April 2021 bis Dezember 2022 15 neue Parkraumbewirtschaftungszonen gestartet und bewirtschaftet seine Bezirksfläche inzwischen nahezu vollständig. Der Bezirk bietet benachbarten Bezirken bereits Amtshilfe an, das heißt, er unterstützt die Kolleg:innen anderer Bezirke bei der Einführung neuer Zonen mit Rat und konkretem Personaleinsatz. Bei vergleichbarer Ausgangslage (zentrale Lage, hoher Parkdruck) kommen andere Bezirke deutlich langsamer voran. Die Gründe dafür sind vielfältig.
- In der Stadt Freiburg im Breisgau hat der Gemeinderat, ausgehend von den bestehenden Parkgebührenzonen, die Verwaltung beauftragt, in den Quartieren der Gebührenzonen 1 und 2 den Parkraum flächendeckend zu bewirtschaften und zudem ein Konzept zu erarbeiten, in welchen Quartieren des übrigen Stadtgebiets (Zone 3) ebenfalls eine Bewirtschaftung des Parkraums eingeführt werden soll.
Abbildung 5
Gibt es einen politischen Auftrag zur Einführung von Parkraumbewirtschaftung, können anschließend die einzelnen Verfahrensschritte effizienter geplant und umgesetzt werden:- So können politische Gremien lediglich informiert werden, es braucht aber keine weitere Beschlussfassung mehr.
- Die Beteiligung der Bürger:innen kann sich auf die umfassende Information beschränken, oder es kann nur dort beteiligt werden, wo Konflikte absehbar sind.
- Darüber hinaus können Ausschreibungen für Machbarkeitsstudien für mehrere Zonen erfolgen und Rahmenverträge für die Beschaffung von Schildern oder Parkscheinautomaten geschlossen werden.
Transparenz bezüglich Einnahmen und Ausgaben schaffen
In der Regel fließen die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung (Parkgebühren, Bußgelder, Gebühren für Bewohnerparkausweise) in den allgemeinen Haushalt einer Kommune. Diese Einnahmen stehen aber nicht in allen Kommunen direkt für Ausgaben im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung zur Verfügung, wodurch Finanzierungslücken die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung häufig verhindern. Anders in Hamburg und Berlin:
In Hamburg ist der für die Parkraumbewirtschaftung zuständige Landesbetrieb als eigenwirtschaftlich agierendes kommunales Unternehmen organisiert und hat damit einen Überblick über die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung. Einnahmen können hier nicht nur in die Prozessoptimierung investiert werden, zum Beispiel in die Anschaffung von Software für das automatische Ausstellen der Bewohnerparkausweise, sondern sie können auch in die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung reinvestiert werden, wie zum Beispiel den Personalaufwuchs für die Überwachung oder die Anschaffung von Parkscheinautomaten (siehe Abbildung 6). Trotz der Reinvestitionen werden in Hamburg jährlich mehrere Millionen Euro Überschüsse erwirtschaftet, die für die Finanzierung der Mobilitätswende genutzt werden können.
Abbildung 6
In Berlin erlaubt die Senatsverwaltung den Bezirken, eigene Wirtschaftspläne für die Parkraumbewirtschaftung aufzustellen. Hintergrund war die Tatsache, dass Bezirke keine Rücklagen und finanziellen Mittel für die Einführung neuer Parkraumbewirtschaftungszonen (Machbarkeitsstudien, Anschaffung von Parkscheinautomaten) hatten. Die Einnahmen der Parkgebühren fließen nun zu 100 Prozent, die der Bußgelder zu 50 Prozent in den Wirtschaftsplan und können zweckgebunden für die Einrichtung einer neuen Parkraumbewirtschaftungszone verwendet werden. Damit decken sie die laufenden Unterhaltungskosten für bereits vorhandene Zonen. Darüber hinausgehende Überschüsse können zur Realisierung nicht anders finanzierbarer Projekte genutzt werden, etwa für Schulsanierungen oder Straßenbegrünungen.Im Bezirk Berlin-Mitte refinanziert sich die Investition in die Parkraumbewirtschaftung im Verhältnis 1 zu 1,4. Doch nicht in allen Bezirken wird sich ein entsprechender Überschuss realisieren lassen. Die Wirtschaftlichkeit ist abhängig von dem Zentralitätsgrad der Gebiete, der Carsharing-Dichte, dem dort herrschenden Parkdruck, der lokalen Nutzungskonkurrenz und der ausgeübten Kontrollintensität, aber auch von der Höhe der Parkgebühren, der Höhe der Gebühren für Bewohnerparkausweise und Bußgelder.
Zusammenfassung
Politische Grundsatzbeschlüsse helfen bei der zügigen Einführung von Parkraummanagement. Hinderlich sind hingegen zahlreiche Informations- und Beschlussschleifen, beispielsweise im Stadtparlament und den jeweiligen Bezirksgremien. Es kann ausreichen, die Bürgerinnen und Bürger umfassend zu informieren – auch über Vorteile für Autofahrer:innen, wie etwa weniger Parksuchverkehr. Auf Beteiligung von Politik und Bevölkerung sollte in erster Linie dort gesetzt werden, wo Konflikte absehbar sind. Beschleunigend wirkt es außerdem, die Parkraumbewirtschaftung in einem eigenwirtschaftlichen Unternehmen (wie etwa einem Kommunal- oder Landesbetrieb) zu organisieren.
[1] Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft zwischen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, https://www.hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/, S. 110.
Parkraumbewirtschaftung ausbauen
Parkraumbewirtschaftung hilft Kommunen, den ruhenden Verkehr besser zu steuern. Sie kann dazu beitragen, Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum zu lösen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Autoverkehr zu reduzieren. Bei der Einführung neuer Parkzonen kommen Städte und Gemeinden allerdings unterschiedlich schnell voran. Wieso es einigen Kommunen gelingt, Parkraumbewirtschaftung bei gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen zügiger als andere einzuführen, haben Agora Verkehrswende und das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) gemeinsam untersucht.
Parkraumbewirtschaftung hilft Kommunen, den ruhenden Verkehr besser zu steuern. Sie kann dazu beitragen, Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum zu lösen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Autoverkehr zu reduzieren. Bei der Einführung neuer Parkzonen kommen Städte und Gemeinden allerdings unterschiedlich schnell voran. Wieso es einigen Kommunen gelingt, Parkraumbewirtschaftung bei gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen zügiger als andere einzuführen, haben Agora Verkehrswende und das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) gemeinsam untersucht.
Wegen ihrer Vorteile ist Parkraumbewirtschaftung in den meisten Kommunen ein etabliertes Instrument. Viele Studien belegen, dass sie die Chancen, einen Parkplatz zu finden, erhöht, den Parksuchverkehr reduziert und damit den Verkehrsfluss insgesamt verbessert. Nachgewiesen ist auch, dass in vielen Stadtgebieten insgesamt kein Parkplatzmangel besteht, sondern eher ein „Kostenlos-Parken-Problem“: Solange der Stellplatz im öffentlichen Straßenraum kostenfrei ist, sind viele private (Tief-)Garagen und Parkhäuser wenig ausgelastet.
Eine schnellere Umsetzung von Parkzonen wird u.a. durch politische Grundsatzbeschlüsse möglich. Sie können Informations- und Beschlussschleifen reduzieren und der Verwaltung die nötige „Prokura“ für rasches Handeln geben. Geeignete Strukturen, Prozesse und Führungskräfte sind für eine zügige Umsetzung ebenfalls entscheidend. Hier reicht das Spektrum von einem regelmäßigen Jour Fixe der beteiligten Dienststellen bis zur Übertragung der Parkraumbewirtschaftung an Kommunal- oder Landesbetriebe. Nicht zuletzt ist es angesichts der Ausdehnung von Parkraumbewirtschaftung notwendig, die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent zu nutzen.
Auch für die schnellere Umsetzung von Radverkehrsanlagen hat das Deutsche Institut für Urbanistik Arbeitsprozesse in den Verwaltungen analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten gefunden. Hier finden Sie die Ergebnisse.
Politische Grundsatzbeschlüsse und Finanzierung
Strukturen, Prozesse und Führungskräfte
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Strukturen, Prozesse und Führungskräfte
Eine große Herausforderung in vielen Städten ist, dass für die Parkraumbewirtschaftung unterschiedliche Verwaltungseinheiten und Dezernate zusammenarbeiten müssen. Das erfordert eine klare Zielorientierung, Priorisierung, kluge Abstimmungsprozesse und gute Organisationsstrukturen.
Von Wolfgang Aichinger (Agora Verkehrswende) und Dipl.-Geogr. Uta Bauer (Difu)
Die verschiedenen Aufgaben zur Einführung und Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung könnten effektiver bearbeitet werden, wenn möglichst viel Entscheidungskompetenz in einem Amt gebündelt wird oder diese in verschiedenen Ämtern, aber unter der gleichen politischen Verantwortung, organisiert ist.
So ist häufig das Verkehrsplanungsamt zuständig für die konzeptionelle Planung einer Parkraumbewirtschaftungszone, für die eigene Erstellung oder Vergabe einer Machbarkeitsstudie beziehungsweise des Nachweises des Parkdrucks und für die Bürger:inneninformation oder -beteiligung. Verkehrliche Anordnungsaufgaben übernimmt die Straßenverkehrsbehörde, für Beschaffung und das Aufstellen der Parkscheinautomaten ist das Tiefbauamt verantwortlich. Die Überwachung organisiert das Ordnungsamt, für die Einstellung des Kontrollpersonals wird das Personalamt eingebunden. Für das Ausstellen der Bewohnerparkausweise werden die Daten der Einwohnermelde- oder Bürgerämter gebraucht, die entweder das Ausstellen der Ausweise und den Datenabgleich vollständig übernehmen oder entsprechende Daten bereitstellen. Die Auflistung macht deutlich, dass es viele Gründe gibt, warum die Zusammenarbeit stocken kann und ein Vorgang lange braucht, um durch alle Ämter und über verschiedene Schreibtische zu wandern.
Parkraumbewirtschaftung aus einer Hand organisieren
In einigen Kommunen wurden bereits Verwaltungsstrukturen angepasst und insbesondere planende (Verkehrs- und Tiefbau) und anordnende Behörden (Straßenverkehrsbehörden) zu einem Mobilitätsamt zusammengefasst. Beispielhaft sei die Neugründung des Mobilitätsreferats in München genannt. Häufig aber bleiben die Aufgaben der Überwachung in den Ordnungsämtern, das Ausstellen der Bewohnerparkausweise in den Meldestellen oder Bürgerämter (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1
Die Hansestadt Hamburg hat die Parkraumbewirtschaftung besonders effektiv aufgestellt. Das operative Geschäft der Hamburger Fachbehörde (Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, BVM) wird von dem Landesbetrieb Verkehr (LBV) übernommen, der als kommunaler Eigenbetrieb unternehmerisch gesteuert wird. Die Aufgaben der Parkraumbewirtschaftung (konzeptionelle Planung, Bürger:inneninformation, Beschaffung, Bau und Unterhaltung der Parkscheinautomaten, Ausstellen der Vignetten (Bewohner- und Ausnahmegenehmigungen), Management von Ausnahmegenehmigungen sowie Überwachung wurden im Landesbetrieb Verkehr (LBV) zusammengeführt (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Allein die straßenverkehrsbehördlichen Aufgaben sind in der Fachbehörde für Inneres und Sport und dort bei der Polizei angesiedelt. Mit der Bündelung der Aufgaben wurden alle Abläufe der Parkraumbewirtschaftung optimiert. So wurde beispielsweise entschieden, den Nachweis des Parkdrucks nicht komplett extern zu vergeben, sondern die konzeptionellen Arbeiten intern zu organisieren und nur noch die Erfassung der Auslastung des Parkraums zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten extern zu beauftragen. Ein großer Vorteil ist es, die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung eigenverantwortlich in die Optimierung der Prozesse reinvestieren zu können, beispielsweise bei der Anschaffung von Software zur Digitalisierung von Abläufen oder der Einstellung von zusätzlichem Personal.
Der Hamburger Ansatz, Parkraumbewirtschaftung in einem kommunalen Eigenbetrieb zu organisieren und damit Aufgaben zu bündeln und effektiver zu bearbeiten, ist prinzipiell in Abhängigkeit vom Kommunalrecht der jeweiligen Bundesländer auch in anderen Kommunen möglich.
Abbildung 2
Abbildung 3
Engagierte Führung macht den Unterschied
Hat eine Kommune nicht die Gelegenheit, Ämterstrukturen und Zuständigkeiten umzuorganisieren, machen gut geführte und organisierte Prozesse einen erheblichen Unterschied. Im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg lädt die zuständige Stadträtin seit 2021 alle zwei Wochen die beteiligten Amtsleitungen zu einem Jour fixe ein, um Arbeitsaufträge abzustimmen und verbindliche Verabredungen zu treffen. Damit wird dokumentiert: Parkraumbewirtschaftung ist „von oben“ gewollt, der Verwaltungsspitze ist der zügige Fortschritt in diesem Bereich wichtig, und sie trägt dafür Sorge, dass alle beteiligten Personen transparent über die Abläufe der anderen Verwaltungseinheiten informiert werden. Insgesamt wurden die Prozesse im Bezirksamt stark beschleunigt (siehe Abbildung 4 und 5).
Schon länger bewährt hat sich auch das gut gemanagte Verfahren der Parkraumbewirtschaftung im Berliner Bezirk Mitte. Die Bewirtschaftung ist hier seit 2022 flächendeckend umgesetzt. Maßgeblich für die zügige Umsetzung war ein von der Aufgabe überzeugter Amtsleiter und ein kompetentes, dauerhaft eingespieltes Team von Verwaltungsangestellten in verschiedenen zuständigen Ämtern (Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt).[1]
Ein häufig genannter Grund für Verzögerungen im Ablauf ist der chronische Personalmangel. Gleichwohl lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Wird der Prozess ineffektiv gesteuert, hilft mehr Personal mitunter wenig. Gut geführte Prozesse kommen deshalb auch mit wenig Personal aus. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Qualifikation des Personals. Während Großstädte jeweils eigenes Fachpersonal für Aufgaben des Parkraummanagements haben, müssen in weniger ausdifferenzierten Verwaltungen mehrere unterschiedliche Aufgaben parallel bearbeitet werden. In den Straßen- und Grünflächenämtern der Berliner Bezirke muss sich beispielsweise Personal aus der Grünplanung in Aufgaben des Parkraummanagements einarbeiten. Verständlich, dass hier teilweise Einarbeitungsprozesse die Bearbeitungszeiten verlängern.
Abbildung 4
Abbildung 5
Verwaltungsinterne Arbeitsprozesse optimieren
Nachweis des Parkdrucks beim Bewohnerparken
Um Bewohnerparkbevorrechtigungen einzuführen, muss in einem ersten Schritt belegt werden, dass in dem betreffenden Gebiet tatsächlich ein erheblicher Parkdruck vorliegt (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur StVO, Randnummern 29 ff zu § 45 StVO). Hierfür wird eine nach Nutzergruppen, Tageszeiten und Stadtstruktur differenzierte Parkbilanz erstellt.
Um diesen Nachweis zu erbringen, gehen Städte unterschiedlich vor. Die meisten Städte vergeben entsprechende Machbarkeitsstudien an externe Ingenieurbüros, in denen für die potenziellen Bewirtschaftungsgebiete geprüft wird, ob die Voraussetzungen (erheblicher Parkdruck, unterschiedliche Nutzungsgruppen) zutreffen. Im Regelfall wird – aufgrund begrenzter Personalressourcen und fehlender Liquidität – eine neue Parkraumbewirtschaftungszone erst dann geplant, wenn die vorherige in Betrieb genommen ist. Typische Wege, diesen Prozess zu beschleunigen sind:
- Die Leistungsbeschreibung wird so formuliert, dass sie mit wenig Veränderungen für mehrere Parkraumbewirtschaftungszonen genutzt werden kann oder
- es werden Rahmenverträge für mehrere Parkraumbewirtschaftungszonen ausgeschrieben.
Die Stadt Freiburg verzichtet ganz auf eine externe Vergabe. Nach Freiburger Erfahrungen ist die externe Vergabe des verkehrlichen Gutachtens (Ausschreibung, Vergabe, Betreuung, Prüfung, Abnahme) mit viel internem Steuerungsaufwand verbunden. Weiterhin wird argumentiert, dass hoheitliche Aufgaben wie straßenverkehrsrechtliche Anordnungen (zum Beispiel Erstellen von Verkehrszeichenplänen) ohnehin eine Vor-Ort-Begehung und -Überprüfung der Verwaltung erfordern. Mit der verwaltungsinternen Erarbeitung können verschiedene Arbeitsprozesse zusammengefasst werden. Der Zeitaufwand pro Bewirtschaftungszone wird in Freiburg auf circa drei Monate geschätzt. In Köln dauert es bei externer Vergabe etwa ein halbes bis dreiviertel Jahr, bis ein Erhebungsbericht vorliegt. Auch hier ist man der Meinung, mit der internen Bearbeitung – entsprechende Personalausstattung vorausgesetzt – zügiger voranzukommen.
Ähnlich wie Freiburg geht auch der LBV in Hamburg vor. Die Erfassung der Auslastung des Parkraums zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten wird zwar an externe Ingenieurbüros vergeben, aber alle weiteren Arbeitsschritte wie die Auswertung der Zählungen, die Abgrenzung der Bewirtschaftungszonen, die Art der Bewirtschaftung und die Dokumentation in einem Bericht erfolgt verwaltungsintern. In der Bilanz kommt auch Hamburg so zügiger und kostensparender voran als Kommunen, die diese Aufgaben extern bearbeiten lassen. Zwei Personen schaffen circa vier Konzepte zur Parkraumbewirtschaftung im Jahr. Stolperstein der verwaltungsinternen Bearbeitung ist jedoch der handwerklich saubere Nachweis des Parkdrucks. Aktuell sah das Verwaltungsgericht Köln (Beschluss vom 02.11.2022, Az. 18 L 1522/22) die Ausweisung der Bewohnerparkzone „Pauli“ in Köln-Braunsfeld als offenkundig rechtswidrig an, da der Parkdruck nicht korrekt ermittelt und festgestellt wurde. Im Jahr 2018 hatte die Stadt Köln den Parkdruck in Eigenregie ermittelt. Zentral ist also die Rechtssicherheit der Methodik.
Beschleunigung durch Rahmenverträge
Ist darüber hinaus ein Überblick vorhanden, wie viele Parkraumbewirtschaftungszonen in einem überschaubaren Zeitraum eingerichtet werden, kann der Beschaffungsprozess für die Anschaffung von Parkscheinautomaten über Rahmenverträge vereinfacht werden. Der Sinn und Zweck von Rahmenverträgen besteht darin, mehrere Einzelaufträge bündeln zu können und nicht immer wieder erneut ein Vergabeverfahren starten zu müssen. Das erlaubt dem öffentlichen Auftraggeber mehr Flexibilität. So nutzen etwa Freiburg oder der Berliner Bezirk Mitte Rahmenverträge, um beispielsweise die Beschaffung von Parkscheinautomaten oder Verkehrsschildern zeit- und personalressourcensparender zu organisieren.
Parkraumbewirtschaftung mit Curbside Management kombinieren
In Köln, Freiburg und Frankfurt am Main wird die Einführung der Parkraumbewirtschaftung zum Anlass genommen, teilweise auch andere Regeln zum Parken (zum Beispiel Gehwegparken) auf den Prüfstand zu stellen und das Parken im öffentlichen Raum neu zu ordnen. Die Stadt Frankfurt am Main versucht beispielsweise, Ladesäulen, Parkscheinautomaten und Stellflächen für Fahrräder vom Gehweg auf die Straße zu bringen und bei Bedarf Lieferzonen auszuweisen. Alles wird modular geplant und kann auf die jeweilige Situation vor Ort angepasst werden. Dadurch fallen mit der Einführung einer Parkraumbewirtschaftungszone auch Parkplätze weg. Diese Prozesse brauchen umfassendere Beteiligungsformate und dauern länger als bei der Umsetzung einer klassischen Parkraumbewirtschaftungszone.
Zusammenfassung
Es ist effektiv, möglichst viel Entscheidungskompetenz in einem Amt zu bündeln. Vielerorts ist dies heute nicht der Fall, da zahlreiche, sehr unterschiedliche Aufgaben für erfolgreiches Parkraummanagement nötig sind. Ein regelmäßiger Jour Fixe mit allen beteiligten Amtsleitungen kann ebenfalls helfen, Arbeitsaufträge abzustimmen und verbindliche Verabredungen zu treffen.
Gibt es ausreichend Personal, kann es zur Beschleunigung von Prozessen beitragen, nicht zu viele Tätigkeiten an Externe zu vergeben. So wird in Hamburg die Erfassung der Auslastung des Parkraums zwar an Ingenieurbüros vergeben. Alle weiteren Schritte wie die Auswertung der Zählungen, die Abgrenzung der Bewirtschaftungszonen, die Art der Bewirtschaftung und die Dokumentation in einem Bericht erfolgen jedoch verwaltungsintern.
[1] Dittrich, Siegfried (2021): Die Umsetzung der Verkehrswende in den Kommunen – die Mühen der Ebene! In: vhw FWS 3 / Mai–Juni 2021, S. 135–140.
Digitalisierung nutzen
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Digitalisierung nutzen
Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels können viele Aufgaben in der Verwaltung nur noch mit Unterstützung digitaler Lösungen bewältigt werden. Das wird auch bei Aufgaben der Parkraumbewirtschaftung deutlich.
Von Wolfgang Aichinger (Agora Verkehrswende) und Dipl.-Geogr. Uta Bauer (Difu)
Mit der Einführung der Parkraumbewirtschaftung wächst die Zahl der Bewohnerparkausweise, die ausgestellt werden – eine Aufgabe, die viele Kommunen ohne eine Digitalisierung des Prozesses gar nicht mehr bewältigen könnten. In Hamburg, München und Frankfurt am Main werden die Ausweise vollautomatisch oder weitgehend vollautomatisch ausgestellt. In Frankfurt am Main können sowohl Fahrzeug- wie auch Meldedaten automatisch generiert werden. Hier ist das Ordnungsamt, welches auch gleichzeitig die Kfz-Zulassungsstelle ist, für das Ausstellen der Bewohnerparkausweise zuständig. In München und Hamburg ist der automatische Zugriff auf die Fahrzeugdaten der Kfz-Zulassungsstelle noch nicht möglich. Der Fahrzeugschein wird deshalb hochgeladen, die Überprüfung der Daten erfolgt stichprobenartig. Der in Hamburg 2019 in Betrieb gegangene Onlinedienst zur Beantragung von Bewohnerparkausweisen ist der meistgenutzte Onlinedienst Hamburgs. Täglich nutzen mehr als 750 Personen diesen Service (mehr dazu auch in unserem Video vom Stadtgespräch 2023). Viele Kommunen haben den Prozess immerhin teilautomatisiert. Der Antrag kann online gestellt und online bezahlt werden, die Verwaltung gleicht jedoch händisch die gemachten Angaben mit den vorhanden Kfz- und Melderegistern ab und verschickt die Vignette per Post.
Viel Aufwand verursacht auch die Bearbeitung von Ausnahmegenehmigungen zum Beispiel für Handwerker, Pflegedienste etc., die häufig eine Einzelfallprüfung erforderlich machen. Die Stadt Wien hat auch diesen Prozess digitalisiert.
Effektivere Beteiligungsformate im Netz
Die Digitalisierung spielt auch bei anderen Arbeitsprozessen eine wachsende Rolle. Hamburg organisiert den Prozess der Bürger:inneninformation und -beteiligung effektiver und kombiniert die Bürger:inneninformation mit einer Onlineumfrage, um ein Stimmungsbild der Anwohnenden und konkrete Anregungen einzuholen. Alle volljährigen Personen mit Erstwohnsitz im neuen Gebiet erhalten ein Informationsschreiben zur Einführung der Parkraumbewirtschaftungszone mit Zugangsdaten für die Onlineumfrage per Post. Bei den Befragungen geben durchschnittlich 75 Prozent an, dass sie die Einführung des Bewohnerparkens positiv bewerten, die Rücklaufquote liegt bei circa 20 Prozent. Eine Onlinebefragung im Rahmen der „Parkraumuntersuchung Hoheluft-West/Eimsbüttel-Ost 2021“ führte zum Beispiel dazu, dass der Zonenzuschnitt verändert wurde. Diese Form der Bürger:innenbeteiligung nimmt in Hamburg rund vier Monate in Anspruch (inklusive Auswertung).
Kreative Lösungen für die KontrolleGrundsätzlich ist eine effiziente Parkraumkontrolle wesentliche Voraussetzung für eine wirkungsvolle Bewirtschaftung. Solange in Deutschland die Kontrolle durch Scan-Cars (siehe Abbildung 1). die bei der Vorbeifahrt alle Autonummern geparkter Wagen erfassen, nicht möglich ist, kämpfen die zuständigen Verwaltungsstellen in Deutschland, häufig die Ordnungsämter, nahezu flächendeckend mit gravierendem Personalmangel.
Abbildung 1:Elektrisches Scan-Fahrzeug der Stadt Amsterdam zur Kontrolle des Parkraums.
Die geringe Bezahlung, die mit dem Außendienst verbundenen wetterbedingten Unannehmlichkeiten und Auseinandersetzungen mit Falschparkenden führen zu geringer Arbeitsplatzbindung, hohen Fehlzeiten und Fluktuation. Dazu kommt, dass in den Metropolregionen ausgebildetes Personal häufig weite Wege zum Einsatzort hat, da die Mieten in zentralen Lagen nicht zum erzielbaren Einkommen passen. So wechselt ausgebildetes Personal regelmäßig bei entsprechender Gelegenheit an Einsatzorte in Wohnortnähe. Viele Städte – wie auch der Berliner Bezirk Mitte – rekrutieren deshalb permanent neue Überwachungskräfte und bilden diese aus. Je nach Zahl der Bewirtschaftungszonen bleibt in vielen Großstädten eine dreistellige Zahl an benötigten Stellen unbesetzt. Aber auch kleinere Städte kämpfen mit dem Problem.
Die Stadt Landau beschäftigt deshalb auch Studierende oder ältere Personen, die ohnehin keinen dauerhaften Job suchen.
Eine weitere Option, um das Personalproblem zu entschärfen, hat Wiesbaden gefunden: Das Wiesbadener Verkehrsunternehmen ESWE Verkehr dokumentiert ab sofort Falschparkende auf Bus- und Umweltspuren oder in Haltestellenbereichen mittels Fotobeweis. Die ESWE Verkehr plant, bis Ende 2024 etwa 30 Linienbusse mit einem Frontkamera-System auszustatten. Die Frontkameras können vom Fahrpersonal mit einem Knopfdruck ausgelöst werden. Dabei wird eine Fotoserie erstellt, in der mittels GPS-Daten der Standort sowie die exakte Uhrzeit enthalten sind. Dieser Fotobeweis, der alle datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt, wird bei ESWE Verkehr in einer manuellen Prüfung ausgewertet und an die städtischen Verkehrsbehörden weitergeleitet. Diese entscheiden dann, ob ein entsprechendes Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Bisher war es für die Fahrerinnen und Fahrer von ESWE Verkehr nur handschriftlich möglich, eine entsprechende Meldung über Falschparkende im Liniennetz zu erfassen. Mit den Frontkameras wird dieser Prozess nun digitalisiert und für das Fahrpersonal deutlich vereinfacht. Ein ähnliches Verfahren wäre auch für städtische Entsorgungsfahrzeuge denkbar.[1]
ZusammenfassungMit der wachsenden Bedeutung von Parkraummanagement wird es immer notwendiger, zentrale Prozessschritte zu digitalisieren. In einigen Städten wie Frankfurt am Main, München und Hamburg werden Bewohnerparkausweise (weitgehend) automatisch ausgestellt – mit großem Erfolg. So ist das entsprechende Angebot der meist genutzte Online-Dienst Hamburgs. Digital werden in Hamburg auch die Umfragen im Zuge der Bürgerinformation und -beteiligung umgesetzt.
Dringend gebraucht wird eine digitale Unterstützung bei den Parkkontrollen. Personalmangel, verbunden mit hohen Fehlzeiten und Fluktuationen, schränken die Wirksamkeit der Kontrollen stark ein – was auf Kosten der Verkehrssicherheit und der Parkplatzverfügbarkeit geht. Scan-Cars, wie sie im europäischen Ausland bereits eingesetzt werden, würden hier Abhilfe schaffen.
[1] Landeshauptstadt Wiesbaden: Frontkameras in ESWE-Bussen: Fotobeweis zur Beschleunigung des Busverkehrs
, www.wiesbaden.de/medien/rathausnachrichten/PM_Zielseite.php=https://www.wiesbaden.de/guiapplications/newsdesk/publications/Landeshauptstadt_Wiesbaden/141010100000450300.php.
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Autor
-
Wolfgang Aichinger
Projektleiter Städtische Mobilität