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Format
Studie
Date
16. Januar 2020

Technologieneutralität im Kontext der Verkehrswende (Kurzfassung)

Kritische Beleuchtung eines Postulats

Einleitung

Mit der vorliegenden Studie nehmen wir Sie mit auf eine Reise in die akademische Welt. Die Forderung nach Technologieneutralität hat in der jüngeren Vergangenheit für lebhafte und kontroverse Debatten gesorgt. Dabei wurden Technologieneutralität und Technologieoffenheit oftmals synonym verwendet; zuweilen werden die Begriffe auch benutzt, um an dem bestehenden System festzuhalten. Dieser Mangel an begrifflicher Schärfe hat die Debatte über die Verkehrswende in Mitleidenschaft gezogen: Schlagworte traten an die Stelle von Argumenten. 

Zu der Studie haben wir uns mit der Absicht entschlossen, konzeptionelle Klarheit zu schaffen. Über die grundsätzliche Klärung hinaus möchten wir aber auch für eine zentrale politische Gestaltungsaufgabe den wissenschaftlichen Unterbau liefern: Mit welcher Regulierung kann der notwendige Umstieg vom Verbrennungsmotor mit fossilen Kraftstoff hin zu klimaverträglichen Antrieben und Kraftstoffen in volkswirtschaftlich effizienter Weise gelingen? 

Uns ist bewusst, dass die vorliegende Studie keine leichte Kost ist. Wir halten sie dennoch für wichtig, weil eine Versachlichung der Diskussion und eine solide Grundlage Voraussetzung für zielführende Politik ist. Und die ist jetzt, wo die Verkehrswende Fahrt aufnehmen muss, dringender denn je.

Kernergebnisse

  1. Technologieoffenheit ist Voraussetzung für eine klimapolitisch erfolgreiche und kosteneffiziente Verkehrswende.

    Dies bedeutet, dass der notwendige Umstieg auf neue Antriebe und Energieträger auf Basis eines unverzerrten, alle volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen berücksichtigenden Wettbewerbs der verschiedenen Technologien stattfindet.

  2. Technologieoffenheit bedeutet nicht Technologieneutralität der Regulierung.

    Technologieneutrale Regulierung verzichtet auf jegliche Diskriminierung zwischen den verfügbaren technologischen Alternativen. Dies führt allerdings nur dann zu Technologieoffenheit, wenn diese unter ansonsten unverzerrten Bedingungen konkurrieren. In der Praxis verlangt die Überwindung von Pfadabhängigkeiten im Straßenverkehr hingegen auch technologiespezifische Regulierung, um Technologieoffenheit zu gewährleisten.

  3. Klimaschädliche Technologien zurückdrängen, um neuen klimaverträglichen Technologien Platz zu schaffen:

    Pfadabhängigkeiten und nicht eingepreiste externe Kosten verzerren den Technologiewettbewerb zugunsten des Systems aus Verbrennungsmotor und fossilem Kraftstoff. Zentraler – weitgehend technologieneutraler – Ansatzpunkt zur Korrektur dieser Verzerrung und Unterstützung des Marktaustritts („Exnovationspolitik“) ist eine wirksame CO2-Bepreisung. Ergänzende Instrumente sind eine stärker CO2-orientierte, möglichst nah am Fahrzeugkauf ansetzende Kfz-Steuer oder auch strikte CO2-Flottengrenzwerte.

  4. Die Infrastruktur für neue Antriebe technologiespezifisch fördern:

    Neue Antriebe benötigen eine hinreichend dichte und nutzerfreundliche Energieversorgungsinfrastruktur, um Akzeptanz zu finden. Deren privatwirtschaftliche Bereitstellung wiederum ist erst bei Erreichen hoher Nutzerzahlen profitabel. Durch eine bedarfsorientierte temporäre Förderung des Infrastrukturaufbaus und die Schaffung regulativer Rahmenbedingungen für eine einfache Nutzung sollte der Staat hierzu beitragen.

  5. Neuen Technologien zur Wettbewerbsfähigkeit verhelfen:

    Um verbleibende Hindernisse zu adressieren, können zielgenaue und zeitlich befristete Förderprogramme den Markteintritt und -hochlauf innovativer Technologien unterstützen. Die Förderung sollte deren jeweiligen Entwicklungsstand und erwartbaren Beitrag zur klimapolitischen Zielerreichung berücksichtigen. Zudem ist dabei eine Finanzierung aus dem Verkehrssektor selbst anzustreben, beispielsweise im Rahmen eines Bonus-Malus-Systems.

  6. Investitionssicherheit schaffen durch ein langfristig politisch verbindliches Bekenntnis zur Verkehrswende und ein ambitioniertes Maßnahmenprogramm:

    Wirksame politische Selbstbindung erfordert die Festlegung und glaubhafte Durchsetzung expliziter Sektorziele. Zudem sollte der Staat durch passgenaue öffentliche Investitionen, ein breites und zielorientiertes Instrumentenbündel zur verlässlichen Erreichung des Sektorziels die Unumkehrbarkeit der Verkehrswende signalisieren sowie einen möglichst weitreichenden politischen Konsens anstreben.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig: Jun.-Prof. Dr. Paul Lehmann (Projektleiter), Klaas Korte, Prof. Dr. Erik Gawel; Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu), Heidelberg: Julius Jöhrens, Udo Lambrecht; Agora Verkehrswende: Dr. Carl-Friedrich Elmer
Publikationsnummer
34-2020-DE
Versionsnummer
1.0
Veröffentlichungsdatum

16. Januar 2020

Seitenzahl
24
Zitiervorschlag
Agora Verkehrswende (2020): Technologieneutralität im Kontext der Verkehrswende. Kritische Beleuchtung eines Postulats - Kurzfassung.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Technologieneutralität – kritische Beleuchtung eines Postulats.

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